Autor: Arnel

Kategorie: Musik

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10. Juni 2011

Marvin Gaye – 40 Jahre “What`s going on”


Marvin GayeIch kann mich noch genau an den Tag erinnern, als mir mein Vater, nach einem Einkaufsbummel in der Innenstadt von Heilbronn, eine CD mit folgenden Worten präsentierte: „Das haben sie Anfang der 70er im TopTen in Mannheim gespielt!“ Damals war mir nur der Titel „Mercy, Mercy Me“ auf Anhieb aus dem Radio schon bekannt. Das sollte sich in den daraufolgenden Jahren ändern. Das Album wurde zum ständigen Begleiter. Vor allem wenn ich mit meinem Vater im Auto unterwegs war, lief meist nur eine CD. Und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass es kaum ein Album gibt, dass ich öfters gehört habe als dieses. Gut, das mag auch an der kurzen Spieldauer liegen. Aber jeder einzelne Song hat sich so tief in mir verwurzelt, dass ich das Album wohl mühelos aus dem Kopf wiedergeben könnte.

Und nun, zum 40. Jubiläum erscheint am 7. Juni 2011 eine neue Super Deluxe Edition des wichtigsten Soul-Albums aller Zeiten. Sie besteht aus 2 CDs, 1 LP und einem hochformatigen Booklet mit ungesehenen Fotos, Songtexten und neuen Linernotes. Zusätzlich zu den remasterten Albumtracks enthält die Edition 28 Bonustracks – 12 von ihnen bisher unveröffentlicht – die den formidablen musikalischen Hintergrund der Albumsessions abbilden. Kurz nach Vollendung von “What´s Going On” zog Marvins Motown-Label von Detroit nach Los Angeles um, die integrale Studioband des Labels blieb in Detroit, eine Ära ging abrupt zu Ende.

Für die Jubiläumsausgabe hat man noch einmal sämtliche Archive gesichtet. Neben dem unveröffentlichten Original-Singlemix des Titeltracks gibt es nun noch die originalen Mono-Versionen aller Hitsingles zu hören und einen bisher unveröffentlichten “Quality Control”-Mix verschiedener Backing-Tracks ohne Streicher, Bläser und Vokal-Overdubs – ein Bonbon für Fans! Der originale “Detroit Mix”, den man 1971 in Abwesenheit Gayes machte und später verwarf, erscheint auf der Super Deluxe Edition zum ersten Mal auf Vinyl. Diverse Outtakes addieren sich dazu. Außerdem verschiedene Instrumental-Jams, die man inmitten und nach den eigentlichen Albumsessions mit Detroiter Musikern, darunter Ray Parker Jr. machte, bevor Gaye dem Umzug von Motown nach Los Angeles folgte. Drei Versionen der Nachfolgesingle “You´re The Man” schließen das Kapitel “What´s Going On” ab.

Vor vierzig Jahren, am 21. Mai 1971, machte Marvin Gaye Soulgeschichte mit seinem elften Album “What´s Going On”. Den ganzen Sommer 1971 lief die LP in Harlem rauf und runter, erinnert sich der Gitarrist George Benson, persönlicher Freund Gayes, in einem Feature des britischen “Observers”. Die Songs dröhnten über die Bürgersteige, aus den offenen Fenstern vorbeifahrender Autos. Marvin Gaye sprach den Leuten aus dem Herzen. Nicht laut habe er sein wollen auf “What´s Going On”, vertraute Gaye seinem Freund Benson an. Nicht hart, nicht wichtig, sondern einfach nur er selbst.

Gaye war damals der größte Star des Motown-Labels, aber “What´s Going On” machte er nicht, um davon möglichst viele Platten zu verkaufen, sagt Benson. Das Material schrieb er in seinen stillen Stunden, es waren Songs zur Lage der amerikanischen Nation in den frühen 1970er Jahren. Gaye war die Stimme der Jugend, die sagte: Lasst uns in Frieden, wir wollen diesen Wahnsinn nicht, gebt uns etwas Positives.

Ein Jahr vor den Albumaufnahmen war der Sänger über dem tragischen Tod seiner Duettpartnerin Tammi Terrell, die an einem Gehirntumor gestorben war, in eine Depression gefallen. Gaye wollte keine Musik mehr machen, strebte sogar eine neue Karriere als Footballspieler für die Detroit Lions an, was scheiterte. Kurz darauf kam Gaye mit den Songwritern Al Cleveland und Renaldo Benson in Kontakt. Sie hatten die Skizze eines politischen Songs mit dem Titel “What´s Going On”. Gaye schrieb ihn mit zu Ende und wollte ihn eigentlich nur produzieren, doch Cleveland und Benson überzeugten ihn davon, ihn selbst aufzunehmen. 1970 habe er sein künstlerisches Konzept komplett neu überdacht, sagte Gaye später in einem Interview mit dem “Rolling Stone”. Briefe, die ihm sein in Vietnam stationierter Bruder von dort schrieb, hatten ihn stark berührt, ebenso wie die gesellschaftliche Situation im eigenen Land. “Mir wurde klar, dass ich meine persönlichen Fantasien hinten an stellen musste, wenn ich mit meinen Songs die Seelen der Leute erreichen wollte”, sagte Gaye. “Ich wollte, dass sie sich die Dinge, die in der Welt passieren, anschauen.”

Alle die dieses Album noch nicht ihr Eigen nennen, kann ich nur wärmstens empfehlen: ZUGREIFEN! Das ist Musikgeschichte. Vor allem wenn man auf der Suche nach richtigem, echten, schwarzen Soul ist. Und dieser hier ist an Größe und Intensität kaum zu übertreffen. Denn, und da halte ich es mit den Worten Janet Jacksons aus dem Innenteil des Booklets: “He was our John Lennon.“

      Autor des Artikels: Arnel

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